Sabine strickt seit vielen Jahren mit unserer Wolle. Hier schreibt sie über ihre persönlichen Strickerfahrungen, ihre Tipps, Ideen und Strick-Inspirationen und geht dabei interessanten Fragen und Themen nach.

Designerin Connie Peng im Interview

Designerin Connie Peng im Interview


Designerin und Künstlerin Connie Peng, auf Ravelry auch bekannt als yellowcosmo, wurde in Taipeh, Taiwan, geboren und zog im Alter von 12 Jahren mit ihrer Familie nach San Francisco. Das Erlernen einer neuen Sprache sowie das Leben in einer fremden Kultur und in einer pulsierenden Stadt waren prägende Erfahrungen für Connie, die in ihr eine große Neugierde weckten. Sie studierte Kunst an der University of California in Santa Cruz und erwarb später ihren MFA in Malerei an der American University in Washington, DC. Zum Snowboarden zog sie später an den Lake Tahoe im Südwesten der USA und fand dort einen Job als Kunstlehrerin an einem örtlichen College; nebenbei begann sie, Strickmuster zu entwerfen. Dabei lässt sie ihren Sinn für Abenteuer und ihr künstlerisches Gespür in ihre Arbeit einfließen - so wird jedes Design einzigartig. Connie liebt es, mit Farben zu spielen, entwirft jedoch auch Designs mit einzigartigen Kombinationen aus Zopf- und Lacemustern. Sie hat bereits mehr als 100 Anleitungen für Pullover und Accessoires veröffentlicht. Für unsere Kollektion Berührung entwarf sie im letzten Jahr den Loop-Schal Toco. Das nachfolgende Interview mit ihr habe ich auf Englisch geführt und anschließend übersetzt.

Liebe Connie, wie schön, dass du Zeit für uns hast. Du hast einen künstlerischen Hintergrund, du malst, zeichnest und illustrierst. Das Stricken und Designen wurde erst später ein Teil deines Lebens. Bitte erzähle uns etwas über die Anfänge. Wie bist du zum Stricken gekommen?

Gute Frage! Als ich auf dem College war, nahm uns mein Malerei-Professor mit auf eine Exkursion in ein Kunstmuseum in San Francisco. Wir sahen uns viele fantastische Gemälde an, dann verbrachte er einige Zeit vor den Orientteppichen der Museumssammlung und sprach mit uns über die Dinge, die er in jedem Stück sah. Das hat meine Liebe zur Textilkunst geweckt. Kurz nach meinem Abschluss, als ich gerade zwischen zwei Jobs stand, nahm ich an einem Weberei-Workshop teil. Jedoch war ich nicht so sehr am Weben interessiert, dass ich damit weitermachen wollte. Dann beschloss ich, das Stricken auszuprobieren, und ich verliebte mich sofort! Mein erstes Strickstück war ein norwegischer Colourwork-Pullover. Die Technik lernte ich einfach aus einem Buch (damals gab es noch kein Internet).

Hast du geplant, eines Tages deine eigenen Designs zu entwerfen oder hat sich das einfach so ergeben?

Es ist einfach passiert, nachdem ich mehrere Pullover-Anleitungen abgewandelt und nach meinem Geschmack geändert hatte. Ich habe dann angefangen, Designs für mich selbst zu entwerfen, und alles Weitere hat sich einfach so ergeben.

Beim Durchstöbern deines Instagram-Accounts sind mir vor allem all deine schönen Strick- und Garnskizzen in verschiedenen Techniken aufgefallen. Es sieht so aus, als ob beide Künste in deiner Arbeit eng miteinander verwoben sind. Bitte gib uns ein paar Einblicke in deinen Designprozess, und wie sich beides, Kunst und Handarbeit, gegenseitig beeinflusst.

Mein künstlerischer Hintergrund beeinflusst alles, was ich tue. Ich betrachte mich selbst in erster Linie als Malerin. Mich begeistert vor allem der kreative Prozess – mehr als nur hübsch oder trendy zu sein. Ich liebe es, Probleme auf kreative Weise zu lösen. Somit neige ich auch eher dazu, Garne zu bevorzugen, die Designs gut zur Geltung bringen, als Garne, die die neueste Färberei-Mode zeigen.
Mein Designprozess… hmmm, die malerische Seite in mir mag es, den Prozess ein wenig chaotisch zu gestalten und begrüßt Änderungen und Abwandlungen während des Strickens. Ich reagiere gerne visuell auf das, was ich vor mir sehe, ähnlich wie Jazzmusiker, die improvisieren und auf die Stimmung oder den Klang reagieren. Sehr oft sieht mein fertiges Strickstück ganz anders aus als das, was ich mir zu Beginn des Prozesses vorgestellt hatte.
Was die Verbindung zwischen dem Stricken und meiner Kunst angeht, so habe ich eine Zeit lang selber Lace-Motive für eigene Schal-Designs entworfen, um sie dann als Thema für meine Gemälde zu verwenden. Ich war fasziniert von der zerbrechlichen, femininen Qualität eines Lace-Schals, gemalt in monumentaler Weise. Ich trage selbst eigentlich keine Lacetücher, und so habe ich sie nur für meine Gemälde entworfen und gestrickt :-)

Zeichnung eines Lace-Tuchs in rot, grün und hellblau

Was inspiriert dich, wie entwickelst du deine Ideen und wie setzt du sie um?

Fast alles inspiriert mich, vor allem aber meine Spaziergänge im Wald, denn dort gibt es so viele Formen, Linien und wechselnde Farben. Ich sehe die Dinge abstrakt, alles wird zu einem Motiv, einem Muster, mit oder ohne Bedeutung. Aber natürlich lässt sich nicht jedes Motiv aus der Alltagswelt in ein Strickstück übersetzen. Manches wird zu einer Idee oder Stimmung, wie das Gefühl von flatternden Lichtern in den Blättern, und ich erschaffe Strickformen oder -motive, um diese Idee darzustellen.

Welche Rolle spielt das Zeichnen und Skizzieren in diesem Prozess?

Ehrlich gesagt keine große Rolle, wenn es um echte Zeichnungen für ein späteres Strickmuster geht. Ich mache nur schnelle, wenig künstlerische Skizzen auf Papierresten. Ich habe viele Skizzen auf irgendwelchen Zetteln. Ich mag es nicht, Entwürfe in Skizzenbüchern anzufertigen, das fühlt sich zu wertvoll an und verhindert, dass man mal etwas riskiert oder Änderungen vornimmt. Ich skizziere mit Bleistift oder Markern, sehr einfach und überhaupt nicht künstlerisch. Wenn ich Designs skizziere, versuche ich, abstrakte Motive und Elemente in etwas Konkretes zu verwandeln. Wenn ich andererseits in mein Kunst-Skizzenbuch zeichne, mache ich aus den konkreten Gegenständen vor mir abstrakte Formen und spiele mit dem Medium.
Wenn ich aber einen Strickdesign-Entwurf einreiche, bemühe ich mich natürlich, eine schönere Zeichnung anzufertigen, normalerweise digital.

Design-Skizze des Loop-Schals Toco

Für unsere letzte Designkollektion mit dem Thema Berührung hast du den Loop-Schal Toco im Strukturmuster entworfen. Wie gehst du an einen Designprozess wie diesen heran, bei dem ein klares Thema vorgegeben ist?

Es war wirklich schön, dass Rosy Green Wool ein Moodboard zur Verfügung gestellt hat und schon etwas spezifischer in der Idee war, so dass ich nicht einfach abheben und eine komplett eigene Interpretation der Dinge machen konnte, wie ich es sonst oft tue.
Asymmetrie kann zu einer moderneren Ästhetik führen, also ging ich von dort aus und behielt die Idee der Struktur im Hinterkopf. Ich hatte das Gefühl, dass eher geometrische Motive (im Gegensatz zu organischen) geeignet wären, und habe dann mit Maschenproben eine Reihe von Strukturmustern getestet, um eine gute Kombination in Bezug auf die Proportionen zu bekommen. Was ich unbedingt wollte, war ein Gefühl von Fluidität genauso wie Struktur, und ich merkte, dass das Garn dafür perfekt war.

Was hat dir an der Zusammenarbeit mit Rosy Green Wool gefallen? Gibt es etwas, das wir verbessern könnten?

Ich fand es toll, wie Rosy Green Wool DesignerInnen unterstützt und respektiert. Die Kommunikation war klar. Unsere Zusammenarbeit begann verrückterweise genau dann, als die Pandemie richtig schlimm wurde. Ich lebe in einer Gegend, in der niemand eine Maske trägt (im Südwesten der USA - Anm. d. Red.), daher war ich nicht begeistert von der Idee, bei der Post anzustehen, um Pakete abzuholen. Rosy Green Wool ist wunderbar auf meine Sorgen eingegangen und nutzte einfach andere Zusteller. Ich weiß, dass sich das für viele Leute vielleicht nebensächlich anhört, aber wenn man dort wohnt, wo ich wohne, wo es während der Pandemie einen großen Ansturm von Touristen und neuen Einwohnern gab, kann das durchaus sehr viel bedeuten.

Und eine letzte Frage zum Schluss: Hast du besondere Tipps für unsere StrickerInnen?

Probiere alles aus. Lege dir einen Garn-Vorrat an, damit du damit experimentieren und deinen eigenen Sinn für Farben entwickeln kannst und nicht nur einfach die Farben verwendest, die bei anderen gut aussehen.

Liebe Connie, vielen Dank für deine Zeit!