Du hast gerade das sehnsüchtig erwartete Lieblingsgarn in genau der richtigen Farbe für diesen tollen Cardigan oder Pullover bekommen und kannst es gar nicht erwarten, endlich loszustricken. Aber wie bei vielen hochwertigen Dingen kommt vor dem Vergnügen eine Pflicht, eine kleine Fleißarbeit. Eine jedoch, die dir Gelegenheit gibt, dich mit deinem Garn vor dem Stricken schon einmal vertraut zu machen: Die Wolle wickeln.
Aber warum eigentlich?
Wolle im Strang
Unsere Wolle liefern wir in Strängen, da sie so auch gefärbt wird. Die Strangfärbung hat den Vorteil, dass sie etwas schonender ist und die Fasern elastischer bleiben als beim Konenfärben. Denn dabei wird das Garn auf Konen gewickelt und leicht gedehnt. Beim Strangfärben jedoch wird die entsprechende Menge Garn locker zusammengelegt und mit ein paar Fäden zusammengebunden, damit sie sich nicht verheddert. So bleiben die Fasern elastisch und die Stränge werden dann nur noch behutsam von Hand ineinander verdreht, mit dem Etikett versehen und ausgeliefert. Bevor es mit dem Stricken losgehen kann, muss die Wolle im Strang also noch zu Knäueln gewickelt werden, damit der Faden beim Stricken nicht durcheinander kommt.
Aber wie genau wickle ich die Wolle?
Zunächst schneidest du den Faden mit dem Etikett ab. Dann kannst du damit beginnen, den Strang vorsichtig auseinander zu nehmen. Er ist in sich verdreht und ein Ende ist in das andere geschoben. Dieses ziehst du heraus und drehst den Strang auseinander. Nun legst du ihn flach hin und breitest ihn zu einem Kreis aus oder platzierst ihn auf einem Hilfsmittel. Das kann eine Wollhaspel sein oder eine Stuhllehne. Ganz wunderbar funktioniert auch ein Pouf oder ein anderes großes rundes Kissen.
Du kannst auch im Sitzen den Strang um deine Knie legen oder einen lieben Mitmenschen bitten, ihn dir ganz klassisch mit zwei Händen zu halten. Es muss dabei gar keine Spannung auf dem Strang sein. Es geht nur darum, dass einzelne Fäden nicht von einer Seite auf die andere geraten oder sich zu sehr ineinander verdrehen.
Suche als Nächstes die kleinen Sicherungsfäden, die den Strang zusammenhalten und knote oder schneide sie auf.
Dabei findest du auch den Anfang deines Wollstrangs, der außen liegt (und das Ende innen). Mit dem außen liegenden Anfang beginnst du nun mit dem Wickeln.
Wickle die Wolle zunächst ein paar Mal locker um den Daumen oder drei bis vier Finger. (Wenn du den Anfang dabei etwas länger lässt und in deiner Handfläche die ganze Zeit gut festhältst, kannst du später dein Knäuel von innen her verbrauchen - sehr praktisch!)
Wechsle dann immer nach ein paar Wicklungen wieder die Richtung, sodass dein Knäuel eine runde Form bekommt, und bleibe relativ nah am Strang, damit sich dein Faden leicht aus dem Strang lösen kann. Schon nach kurzer Zeit zeigt sich das kleine Knäuel.
Besonders wichtig ist dabei: Immer schön locker wickeln und nicht zu sehr an der Wolle ziehen, damit der Faden seine Elastizität behält. Dein Knäuel soll immer etwas nachgeben, wenn du es mit der Hand zusammendrückst.
Und wenn du nicht willst, dass dir deine Wollbälle beim Stricken wegrollen, kannst du sie einfach in eine kleine Schale legen.
Nützliche Helfer für Viel-StrickerInnen
Wollhaspeln gibt es in verschiedenen Ausführungen, zum Beispiel als Schirmhaspel oder mit 4 Haspelarmen, als Standhaspel oder zum Anklemmen am Tisch o. ä. Die Funktionsweise ist jedoch bei allen gleich: Der Wollstrang wird darum gelegt und die Haspel dann aufgespannt, sodass der Strang nicht verrutscht. Beim Wickeln dreht sich die Haspel und erlaubt es, den Strang problemlos abzuwickeln.
Für alle Ungeduldigen oder diejenigen, die nicht selbst wickeln wollen oder können, aber auch für große Mengen ist ein Wollwickler praktisch. Angetrieben über eine Handkurbel wickelt er in kurzer Zeit gleichmäßige, lockere Knäuel mit zylindrischer Form. Er sollte jedoch zusammen mit einer Haspel verwendet werden, damit es reibungslos läuft.
Wie das genau funktioniert, kannst du z.B. hier sehen.
Wickel-Philosophie
Die einen wickeln gleich zu Beginn alle Stränge, die sie zum Stricken des Tuchs, Pullovers oder Cardigans benötigen; die anderen wickeln immer erst dann, wenn ihr Knäuel zu Ende geht. Wie du vorgehst, hängt von deinen Vorlieben und deiner Geduld, möglicherweise auch vom Strickstück ab.
In jedem Fall jedoch ist das Wickeln eine wunderbare Gelegenheit, dein Garn kennenzulernen und dich an seiner Weichheit und seinem Schimmer zu erfreuen und auf das bevorstehende Stricken einzustimmen, wie Cheryl Brunette in ihrem Video ausführlich (auf englisch) beschreibt.