„Mama, guck mal! Einmal angehabt, und schon kaputt“ – so begrüßte mich neulich meine Tochter, als sie aus dem Kindergarten kam. Und zeigte dabei ganz betroffen vorne auf ihren nagelneuen Festival Sweater. Beim Toben auf dem Spielplatz war sie an einem Holzspielgerät hängen geblieben. Dabei ist ein großer Fadenzieher im Noppenmuster und ein kleiner im Glatt-Rechts-Gestrick entstanden. Und so waren meine Reparatur-Künste gefragt.
Was die Behandlung von Flecken in Strickstücken angeht, bin ich dank meiner Kinder schon Expertin. Ihre selbstgestrickten Kleidungsstücke zu reparieren – das ist das nächste Level! Da ich aber möchte, dass die beiden ihre Strickpullis tragen, anstatt sie im Schrank zu schonen, nehme ich diese Herausforderung gerne an.
Ausgestattet mit einer Stopfnadel machte ich mich also daran, das Noppenmuster wieder in einen Normalzustand zu bringen. Da der Faden nicht gerissen, sondern zum Glück nur gezogen war, musste ich das heraushängende Garn lediglich auflockern und wieder gleichmäßig verteilen.
Dann widmete ich mich dem kleinen Fadenzieher im sahnefarbenen Glatt-Rechts-Gestrick.
Mit der Häkelnadel zog ich den recht kurzen ausgefransten Faden auf die Innenseite des Pullovers, um ihn dort vorsichtig zu vernähen. Bei Fäden, die so kurz sind, dass sie kaum in die Nadel eingefädelt werden können, nehme ich einfach Nähgarn zur Hilfe und befestige damit den gelockerten Faden auf der Innenseite des Gestricks mit ein paar Stichen.
Diese Stellen konnte ich also beide schnell, einfach und vor allem unauffällig reparieren. Doch was, wenn ein Strickstück einmal stärker beschädigt wird? Ein gerissener Faden oder sogar ein Loch?
Eins steht fest: Es gibt keine Patentlösung, die allgemeingültig anwendbar ist. Wenn man ein richtiges Loch hat, das so unauffällig wie möglich repariert werden soll, ist schon ein wenig Technik vonnöten, wie man in diesem Video sehr schön sehen kann.
Manchmal ist aber auch eine kreative und eher unkonventionelle Lösung gefragt. So erzählte mir Rosy, dass sie vor Jahren mit einem Lace-Tuch irgendwo hängen blieb, wobei eine Masche am Rand gerissen ist. Sie hatte dort keinerlei Spielraum, keinen Faden, den sie hätte vernähen oder knoten können. Da das Tuch andernfalls jedoch aufgeribbelt wäre, hat sie kurzerhand beschlossen, die Stelle zu kleben. Eine Methode, die sie normalerweise nicht empfehlen würde – die in der Not jedoch Wunder wirken kann. Das Tuch trägt sie heute immer noch.
Und dann gibt es natürlich auch noch die stark beanspruchten Stellen, die mit der Zeit dünner bis löchrig werden, sowie die klassischen Löcher durch Mottenfraß.
Bei meinem Mann und mir sind meistens die Ellenbogen betroffen, während meine Kinder schon die ein oder andere Wollhose an den Knien durchgescheuert haben. Bisher habe ich mir dann entweder mit Flicken aus Leder, festem Baumwollstoff oder Wollwalk weitergeholfen. Kleine Löcher an unauffälligen Stellen habe ich manchmal auch nur mit ein paar Stichen zusammengezogen.
Seit einiger Zeit begegnen mir in den sozialen Netzwerken, insbesondere bei Instagram und Pinterest, auch vermehrt richtig tolle Beispiele für weitaus kreativere Reparaturmethoden. “Visible Mending” - was nichts anderes bedeutet als sichtbares reparieren - ist ein ganz neuer Trend, bei dem Löcher kunstvoll geflickt werden. Dabei bekommt ein Kleidungsstück mitunter ganz gewollt einen völlig neuen Look, etwa durch aufwändig Gesticktes, Geflicktes oder Gestopftes. Das sieht nicht nur sehr schön aus, sondern ist gleichzeitig ein Statement: Kleidung ist wertvoll und verdient es, repariert zu werden.
Diese Mischung aus Kreativität und Nachhaltigkeit hat mir Lust gemacht, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Bei der Suche nach passender Literatur bin ich auf das Handbuch für einen nachhaltigen Kleiderschrank gestoßen: Flicken und stopfen. Ein unglaublich ansprechend illustriertes Buch mit wunderbaren Texten und vielen tollen Ideen und Anleitungen für Kleider-Reparaturen aller Art. Große Empfehlung! Ich kann es kaum erwarten, einige dieser Techniken selbst einmal auszuprobieren.
Wer weiß, nachdem ich meinen Kindern neulich vorlas, wie Astrid Lindgrens kleine Lotta ihren Wollpullover heimlich mit der Schere zerschnitten hat, würde es mich nicht wundern, wenn ich schon bald die Chance dazu bekäme. ;-)