Hand aufs Herz: Machst du vor jedem neuen Strickstück eine Maschenprobe? Oder hast du – so wie ich viele Jahre lang – keine Lust, Zeit und Garn in ein gestricktes Quadrat zu investieren, das dich nur aufhält und mit dem du später scheinbar doch nichts anfangen kannst?
Ich persönlich war meist zu ungeduldig und habe lieber direkt drauf los gestrickt. Ganz nach dem Motto „Wird schon passen“. Nur ärgerlich, dass das eben oft nicht der Fall war. So viel Mühe für einen Pullover, der dann zu klein ausfiel… So habe ich schließlich aus meinen Erfahrungen gelernt und gehöre heute zu den Glücklichen, die ganz vorbildlich ihre Maschenproben stricken.
Und mittlerweile mache ich es richtig gern. Denn zum einen habe ich die Vorteile der Maschenprobe schätzen gelernt: Es ist wirklich hilfreich, die eigene Strickhandschrift einschätzen zu können. Und Garn und Muster vorab auszuprobieren macht Spaß und gibt die Sicherheit, dass Garnverbrauch und Passform am Ende wie erwartet ausfallen. (Falls du mehr darüber erfahren möchtest, wie man eine Maschenprobe macht, kannst du unseren Wissenswert Artikel darüber lesen.) Zum anderen habe ich mit der Zeit festgestellt, dass es viele schöne Möglichkeiten gibt, die Maschenproben auch über ihren eigentlichen Zweck hinaus zu verwenden. Und das hat mir das Thema nochmal zusätzlich versüßt.
Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, meine Maschenproben nach dem Waschen und Spannen zu beschriften. Auf einem kleinen Pappkärtchen notiere ich alle wichtigen Informationen rund um das verwendete Garn, die Nadeln, die Strickanleitung oder das Muster. Und natürlich die Anzahl der Maschen und Reihen auf 10 cm. Diese Notizen befestige ich zusammen mit dem Etikett des Garns an meiner Maschenprobe. So konserviere ich die gewonnenen Erkenntnisse und sammle sie dann gemeinsam mit den anderen Maschenproben in einer schönen Kiste. Ein richtiger kleiner Schatz!
Mit der Zeit habe ich meine Lieblingsgarne gefunden, die ich immer wieder verstricke, und auch Anleitungen, die ich besonders mag. Es gibt zum Beispiel einen Kinderpullover, den Anker’s Sweater von PetiteKnit, den ich in unterschiedlichen Farben und immer größeren Größen für meine Kinder wiederholt mit der Lovely Merino Treat stricke. Wenn ich also einmal die passende Maschenprobe für dieses Design habe, kann ich sie wiederverwenden und mich bei den kommenden Kinderpullis gleich auf das eigentliche Strickvergnügen stürzen. So sammelten sich bei mir über die Jahre einige Maschenproben an. Vor allem die glatt rechts gestrickten sind Gold wert – denn so stricke ich am häufigsten. Sie geben mir eine gute Orientierung darüber, mit welcher Garn- und Nadelstärke ich die gewünschte Maschenprobe eines Designs erreiche. Und so kann ich auch schauen, ob sich das in der Anleitung empfohlene Garn durch ein anderes, das ich gerade da habe, ersetzen lässt. So muss ich in vielen Fällen keine neue Maschenprobe machen und kann ganz frei und flexibel meine Wolle aussuchen.
Wenn ich allerdings nicht gut auf meine Schatzkiste aufpasse, verschwinden meine Maschenproben auch gerne mal im Kinderzimmer. Denn die Miniaturstrickstücke passen perfekt in jede fantasievolle Spielwelt. So wurden sie schon als kleine Matratzen und Zudecken für Püppchen verwendet und verschönern als kleine Teppiche jedes Zuhause – egal ob für Holzfiguren oder Duplo-Männchen.
Und meine Tochter hat große Freude daran, die kleinen Strickstücke im Spiel als Kleidung aller Art einzusetzen. Dabei ist es besonders hilfreich, wenn die Anfangs- und Endfäden nicht vernäht sind, denn damit lassen sich interessante Wickel-Looks und Bindekleider erschaffen. Eines Morgens im November konnte ich beobachten, wie sie die Geschichte von Sankt Martin nachspielte: eine brombeersorbet-farbene Maschenprobe diente dem gutmütigen Reiter als wärmender Umhang. Wie gut, dass sie dann doch nicht ganz so weit gegangen ist, die Maschenprobe in zwei Teile zu schneiden.
Doch auch wir Großen können ganz kreativ werden mit unseren Maschenproben. Denn gerade die Exemplare in besonders schönen Lace-, Zopf- oder Strukturmustern lassen sich wunderbar für dekorative Zwecke verwenden. Meine liebe Kollegin Katja hat mich auf die Idee gebracht, Maschenproben in einen Stickrahmen zu spannen und somit ein einzigartiges kleines Kunstwerk zu erschaffen. Freundlicherweise hat sie mir auch gleich die entsprechenden Maschenproben dafür ausgeliehen – sie stammen von ihrem Pullover Let it Fall. Wie gut, dass ihre Maschenprobe nicht auf Anhieb passte, denn so hatte ich gleich zwei Stück im gleichen Lacemuster für mein kleines Deko-Vorhaben. Und mir kam der Einfall, dass auch ein schlichter Bilderrahmen gestrickte Schönheiten perfekt in Szene setzen kann. Also zog ich einen Faden durch die Außenkanten der beiden Maschenproben, und spannte sie damit über den inneren Ring des Stickrahmens bzw. über die Glasscheibe des Bilderrahmens. Hinten mit einem Knoten befestigt – und schon war die kleine Bastelei fertig.
Besonders gefiel mir auch das Arrangieren: die beiden Strickbilder, ein bisschen Farbe in der Vase, und schon hatte meine liebste Strick-Sessel-Ecke einen ganz neuen Look. Das i-Tüpfelchen war das kleine Tellerchen mit Schokolade, auf einer weiteren Maschenprobe im Zopfmuster. Quasi die gestrickte Version vom Häkeldeckchen – nur viel frischer, wie ich finde. Ich habe mich richtig erfreut an diesem gemütlich-stilvollen Plätzchen und gebe die schönen Maschenproben nur ungern zurück. Ich sollte mich wohl auch mal wieder an Lace-Strick wagen – allein schon wegen der schönen Maschenprobe.